Im Herbst 2012 hat Viviane Reding- Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und Kommissarin für das Ressort Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft- eine Quote für Frauen in Aufsichtsräten und wirtschaftlichen Entscheidungspositionen vorgeschlagen. Die EU-Kommission hat den Vorschlag angenommen. Doch viele Länder haben sich gegen den Gesetzesentwurf ausgesprochen. Darunter Deutschland. Wieso?
Viviane Reding hat lange für die Quote gekämpft. Ein Durchbruch fand im Herbst 2012 statt, als sie es schaffte, eine Mehrheit in der EU-Kommission hinter sich zu bringen. Im Gesetzesentwurf von Reding welcher vom Gremium der EU-Kommission angenommen wurde, geht es um eine Frauenquote für Aufsichtsräte der rund 5000 börsennotierten Unternehmen in der Europäischen Union. Damit sollen bis 2020 zu 40 Prozent der Aufsichtsratsposten von Frauen besetzt werden. Für Vorstandsposten wird zunächst keine Quote durch die EU vorgeschrieben.
Neun Länder wollen keine Quote
Der Vorschlag muss von dem EU-Parlament und EU-Ministerrat, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind, bewilligt und beschlossen werden. Zwar unterstützt das Parlament den Vorschlag Redings, aber viele Mitgliedstaaten sind dagegen. Neun Länder haben ihr Veto angekündigt: Deutschland, Großbritannien, Schweden, Dänemark, Niederlande, Litauen, Estland, Ungarn und Tschechien. Zusammen erreichen sie 120 von 352 Stimmen, womit die qualifizierte Mehrheit von 260 Stimmen nicht erreicht wurde. Diese Länder teilen die Idee der Frauenförderung und Gleichstellung der Geschlechter, dennoch glauben sie, dass die EU-Mitgliedstaaten im Sinne des Grundsatzes der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit selber Rechtsmittel und Wege finden sollen, um diesen Ziel zu erreichen.
Ist Frauenquote notwendig?
Viele sind der Meinung, dass eine Frauenquote unabdinglich sei, da ohne die Einführung einer Quote keine beziehungsweise nur sehr langsame Veränderungen in den europäischen Ländern zustande kommen würden. Positionen sollen von geeigneten Personen besetzt werden, die das nötige Know-how und Fachwissen mitbringen und geeignet sind. Eine Frauenquote könne etwa für Aufsichtsräte ein gutes Beispiel sein, die momentan noch vorwiegend von Männern besetzt sind, so Ludo Van der Heyden, Professor für den Lehrgang Executive Education an der INSEAD Business School. Dass die Frauenquote vor allem in Branchen, in denen vorwiegend Männer arbeiten eine positive Auswirkung haben könne, davon ist Van der Heyden überzeugt. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Vorschläge zur Frauenquote realisiert werden, so der Experte.
Derzeit stellen Frauen in vielen Europäischen Ländern meist nur unter 20 Prozent der Mitglieder der Entscheidungsgremien in börsennotierten Unternehmen dar, wie das handelsblatt.com berichtete. Darunter ist Deutschland mit nur 12,8 Prozent, Großbritannien mit 18,6 Prozent und Österreich mit 8 Prozent. Finnland mit 27,1 Prozent und Norwegen mit 36,4 Prozent sind Vorzeigebeispiele.
Chancengleichheit oder Diskriminierung?
Es geht hier primär um die Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter. Schließlich bilden Frauen die Hälfte der Bevölkerung und ein Großteil der Kaufentscheidungen wird von Frauen getroffen. Zudem sind Frauen ja genauso gut ausgebildet wie Männer. Die Studie The Bottom Line: Corporate Performance & Women´s Representation on Boards belegt etwa auch, dass Unternehmen mit höherem Frauenanteil im Vorstand und Aufsichtsrat bessere wirtschaftliche Ergebnisse erzielen und ein besseres Betriebsklima aufweisen.
Dennoch würde eine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote, wie von der EU vorgesehen, Frauen bei gleicher Qualifikation den Vorrang geben. Dies kann zur Diskriminierung der Männer führen. Das Geschlecht wird dadurch zu einem Kriterium beim Auswahlverfahren, dabei sollten Qualifikation und Leistung entscheidend sein. Außerdem greift eine derartige Regelung in die Freiheit der Unternehmen ein. Eine Quote könnte eventuell eine Qualitätsverschlechterung bedeuten, da es schließlich nicht in jeder Branche ausreichend Frauen zur Besetzung der Spitzenpositionen gibt.
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